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In Reaktion auf die katastrophale Berichterstattung der TLZ zur Demonstration am 18.11.2011 in Jena, dem Unvermögen von Bürgern, die Demonstration richtig zu deuten und zu begreifen, reagiert das Aktionsbündnis gegen Rechts mit einem Offenen Brief:

Offener Brief

Für eine humane Gesellschaft kämpfen – gegen Nazis handeln

Seit zwei Wochen weiß die Öffentlichkeit: Die drei Neonazis, die mindestens zehn Morde begangen haben, kommen aus Jena. Sie sind hier aufgewachsen, hier zu Neonazis geworden, sie haben hier ihre Bezugspersonen gehabt, hier in Neonazi-Organisationen wie dem Thüringer Heimatschutz gewirkt, und sie sind 1998 von hier aus geflohen, nachdem ihnen aus bisher ungeklärten Gründen die Möglichkeit dazu gegeben worden ist.

Jena ist kein „braunes Nest“ – das ist seit Jahren bekannt. Seit Beginn der neunziger Jahre setzen sich Jenaer Bürger gegen Neonazis zur Wehr. Oft waren es nur einige hundert, manchmal tausende. Seit 1991 gab es in Jena keine Neonazi-Demonstration ohne Protestaktion.

Jena ist kein „braunes Nest“ – aber natürlich gibt es auch hier viele Fehler und Versäumnisse. Das gilt sowohl für die Auseinandersetzung und Bewertung des Rechtsextremismus im allgemeinen als auch für die konkreten Erscheinungsformen im besonderen. Wir stellen heute fest, daß Neonazis in Jena Strukturen aufbauen konnten, die sich als gefestigt erwiesen und eine Gefahr für das Leben von Menschen darstellen. Die mangelnde und verharmlosende Auseinandersetzung mit diesen Strukturen und ihren Drahtziehern sind mit ein Grund, warum Beate Z., Uwe M. und Uwe B. zu dem geworden sind, das uns heute erschrecken läßt.

Diese Fehler und Versäumnisse haben sich viele vorzuwerfen.

Es ist höchste Zeit, diese Fehler und Versäumnisse zu analysieren, Verantwortlichkeiten festzustellen und vor allem: notwendige Konsequenzen zu ziehen und umzusetzen – nicht um Schuld zuzuweisen, sondern um Rechtsextremismus wirksam begegnen zu können.

Es ist nicht die Zeit für symbolische Aktionen in Sorge um das Erschrecken, das Bürger befallen hat oder gar in Sorge um das Image der Stadt. Das käme einer Mißachtung der Opfer gleich und birgt die Gefahr der Selbstgerechtigkeit.

Wir werden uns an Gedenkveranstaltungen für Opfer neonazistischer Gewalt nur beteiligen, wenn sie die oben beschriebene Nachdenklichkeit und Entschlossenheit beinhalten und fördern.

Aktionsbündnis gegen Rechts,  Jena, 20.11.2011
c/o JG-Stadtmitte