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Über ein Jahr ist vergangen, nachdem der erste Prozess gegen Lothar König geplatzt ist. In sieben Verhandlungstagen hatte es die Dresdner Staatsanwaltschaft nicht geschafft, ihre Vorwürfe zu beweisen. Mit Hilfe eigenen Videomaterials und dem konsequenten Vorgehen der Rechtsanwälte Johannes Eisenberg und Lea Voigt konnten die Behauptungen der Dresdner Staatsanwältin widerlegt werden. Skandalös: 300 Stunden Videomaterial der Polizei enthielt viel entlastendes Material – wurde dem Vorsitzenden Richter und der Verteidigung aber vorenthalten.

Der Prozess von Lothar König ist der prominenteste Fall der sächsischen Repressionswelle gegen AntifaschistInnen, die im Februar 2011 versucht hatten, sich einem neuerlichen Naziaufmarsch zu widersetzen. Fast 1.400 Ermittlungsverfahren leitete die sächsische Justiz daraufhin ein, einige wurden und werden verhandelt, andere fallen gelassen. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen kam es auch zu Hausdurchsuchungen, im Fall Lothar Königs auch in seinen Diensträumen.

Das bisher gravierendste Urteil traf Tim H. aus Berlin, der im Januar 2013 zu zehn Monaten verurteilt wurde. Tim H. wartet bis heute auf seine Berufungsverhandlung.

Das Bundesverfassungsgericht hat mittlerweile auch schon mit diesen Verfahren zu tun gehabt: Dresden. Ein Bußgeldbescheid musste nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts zurückgenommen werden, in der Begründung, dafür heißt es, dass das Amtsgericht Dresden „den Versammlungscharakter der Zusammenkunft mit verfassungsrechtlich nicht tragfähigen Gründen verneint“ habe.

Nun also wird der Prozess gegen Lothar König neu aufgerollt. Ab 10.November sollen alle Anklagepunkte neu verhandelt werden – alle Zeugen und jede Sekunde Videomaterial kann theoretisch erneut gesichtet werden. Alle Erkenntnisse aus dem bisherigen Prozess können damit nichtig sein.

Die ist eine massive psychische Belastung für den Angeklagten und sein Umfeld – aber auch eine finanzielle. Die etwa 50.000 €, die für den bisherigen Prozess ausgegeben werden mussten, sind weg. Mit den gleichen Kosten muss nun für die Wiederaufnahme des Prozesses gerechnet werden.

Dieser Aufwand ist unnötig. Selbst wenn die Staatsanwältin der Überzeugung ist, Lothar König verurteilen zu können, macht es keinen Sinn, die bereits ausgeräumten Vorwürfe erneut zu verhandeln. Sie hätte die Anklageschrift um die verhandelten Punkte abschwächen oder die Anklage fallen lassen können. So bedroht sie Lothar König erneut mit einer Mindeststrafe von zwei Jahren. Der unwürdige Umgang mit individuellen Schicksalen der Angeklagten spielte bei den Prozessen des Amtsgerichts Dresdens noch nie eine Rolle. Auch bei Tim H. wurde seine feste Berufstätigkeit bei der Partei Die LINKE als negativer Aspekt benannt, da dieser die „Wiederholungsgefahr der Straftat erhöhe“.

Der Prozess gegen Lothar König gerät nun auf die Ebene einer Grundrechtsdebatte. Die Frage wird immer entscheidender: Was darf ein Demonstrant auf einer Demonstration tun und was nicht? Inwieweit kann man Musik abspielen, die möglicherweise anschließend von einer sächsischen Staatsanwältin als „aufwieglerisch“ eingeordnet wird? Und in wie weit muss man dieses einkalkulieren, wenn man sich in einer Demonstration von 1.000 Menschen bewegt? Kann ein Lautsprecherwagen überhaupt noch benutzt werden, wenn daraus dann gegenüber dem Fahrer Landfriedensbruch konstruiert wird? Die Staatsanwaltschaft Dresden stellt nicht nur eine gängige Demonstrationspraxis, sondern schlicht die Ausübung dieses Grundrechts in Frage. Es ist damit kein Einzelfall – aber der Vorreiter.

Die anstehenden Prozesstage sind:

1. Prozesstag: Montag, 10. November 2014
2. Prozesstag: Dienstag, 11. November 2014
3. Prozesstag: Mittwoch, 26. November 2014
4. Prozesstag: Donnerstag, 27. November 2014
5. Prozesstag: Mittwoch, 03. Dezember 2014
6. Prozesstag: Donnerstag, 04. Dezember 2014
7. Prozesstag: Donnerstag, 11. Dezember 2014
8. Prozesstag: Donnerstag, 18. Dezember 2014