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Lothars Rede beim Rock gegen Rechts hat jede Menge Zustimmung aber von vielen Seiten auch Unverständnis geerntet. Einige Leute haben sich im Nachhinein in der JG und bei Lothar gemeldet, weswegen wir jetzt für alle die nicht dabei waren oder noch einmal genau wissen wollen, worum es eigentlich ging, den Redebeitrag von Lothar beim Rock Gegen Rechts am 02.12.2011 in Jena online gestellt haben zum Nachhören:

Lothar König – Rede RockGegenRechts, Jena, 02.12.2012

Und folgend zum lesen auch in der Manuskript-Form:

Hey, Leute, Lothar König ist mein Name, ich hab eine Bitte, ich brauch mal 5 Minuten, Euch etwas zu sagen, was viele denken, aber wenige sagen, sagen dürfen. 5 Minuten, ist das okay?

Seit 4 Wochen haben wir mit einem Scheiß von Bankräubern, Bombenbastler, Mördern, Nazis usw. zu tun. Jeden Tag gibt es haarsträubende neue Meldungen: Pannen beim Verfassungsschutz, Spitzel bei der NPD, Gelder für Neonazis, Tote, Ermordete – das hört nicht auf. Ein Faß ohne Boden. Das hält keiner aus. Und bald schon ist Weihnachten.

Ich befürchte, bald schon, nächste Woche vielleicht, jedenfalls vor Weihnachten noch, wird man uns eine Antwort präsentieren. Ein Bauernopfer befürchte ich, einen Schuldigen jedenfalls, einen Sündenbock. Schuld sind immer die anderen.

Klar: Es sind die Nazis gewesen, die kleinen Kapkes, Wohllebens, Wieschkes und wie sie alle heißen. Die NPD wird verboten. Sie werden alle verboten. Und es herrscht wieder Ruhe im Land. Wir können endlich Weihnachten feiern.

Ich hab nur eine Bitte: Wenn ihr, die Politiker usw., das nicht lassen könnt, mit dem Verbieten und so: Wenn ihr die NPD verbietet (und dafür gibt´s ja gute Gründe), bitte, verbietet dann den Verfassungsschutz gleich mit (u. die Atommafia und…).

Aber eines will ich auch klar und  deutlich sagen:

Viel lieber als solche Verbote ist mir, wir würden ungeschminkt die Wahrheit erfahren. Ihr würdet uns, der Öffentlichkeit, erzählen, was wirklich passiert ist, was da schief gelaufen ist.

Es ist Advent. Laßt uns doch einmal etwas Zeit. Zeit zum Nachsinnen, zum Nachdenken. Laßt uns einmal reflektieren: Was ist da gelaufen?

Ich glaube nicht an die fertigen glatten einfachen Antworten. Kein Journalist, und wir haben in den letzten 4 Wochen jede Menge kennengelernt,  kein Fernsehreporter glaubt das, was er morgen in der Zeitung geschrieben oder im Fernsehen gesendet hat.

Nein. Da stimmt etwas Grundsätzliches stimmt nicht mehr – Wo? beim Verfassungsschutz?, bei der Beschattung der Nazis?, irgendwo bei den Behörden? oder gar bei der Regierung?

– Ich weiß es nicht, die Journalisten wissen es auch nicht.  Nur, so sagt mir ein Reporter: „So etwas habe ich in den ganzen letzten 20 Jahren nicht erlebt, da wird geblockt, von ganz oben, da werden uns Antworten präsentiert, und jede Antwort ergibt 10 neue Fragen. Aber keiner fragt mehr nach, wo nachgefragt werden müßte. Irgendetwas ist da schief gelaufen, aus dem Ruder gelaufen.“

Die Stadt Jena, so meinen manche, sei eine „braune Stadt“. Im Städteranking sind wir von Platz 10 mit einem Schlag auf Platz 40 abgerutscht. Was für ein Imgae-Verlust. Ist euch klar, was für ein Schaden das ist, wieviel Geld das der Stadt Jena kostet?

Was aber, wenn es gar nicht mehr um Jena sondern um dieses ganze Land geht. In Deutschland ist eine große Panne passiert ist. Zum Beispiel: im Auftrag des Staates oder mit Billigung des Staates sind Menschen umgekommen?

Könnt Ihr euch das vorstellen. Hier in Deutschland, in diesem korrekten, ordentlichen, fleißigen, sauberen deutschen Land? Kann das sein? Können wir solch eine Wahrheit ertragen? Und vor allem: Diese Zustände und deren Ursachen erkennen und ändern? Sind wir dafür reif genug?

Das ist für mich die alles entscheidende Frage: Sind wir reif genug auch für eine erschreckende Wahrheit? Lassen wir uns die Zeit, zu reflektieren, die Ursachen auszuloten, die Zustände zu ändern?

Das ist wahrhaft eine Reifeprüfung für unsere Demokratie und für uns selbst.

  • Ob wir die Wahrheit ertragen wollen,
  • ob wir sie einfordern und nicht lockerlassen
  • oder ob wir uns weiterhin mit einfachen fertigen Antworten abspeisen lassen und uns damit zufrieden geben

– daran entscheidet sich, ob dieses System, diese Demokratie eine wehrhafte, eine lebendige, lebensfrohe und lebenswerte Demokratie ist.

Wo es Spaß macht, zu leben und sich dafür einzustehen und notfalls auch zu kämpfen. Gegen die Nazis, gegen unsere Trägheit, gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen Antisemitismus – das wünsche ich mir. Heute, an diesem Tag, im Advent 2011, wir hier, und die Politiker, die Menschen in diesem Land, auf dieser Erde.

Was für eine Hoffnung bricht da auf. „…und es wird werden, Frieden auf Erden…“ verkündigen die Engel. Und, so irre das für euch klingen mag, ich glaub an diese guten Kräfte. Im Advent 2011. Danke.