Am Mittwoch, dem 10. August 2011, in den frühen Morgenstunden führte die sächsische Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) eine Razzia in Jena (Thüringen) durch. Mit dem Vorwurf des “Aufwieglerischen Landfriedensbruchs” bei den Protesten gegen einen der größten Naziaufmärsche in Europa in Dresden am 19.02.2011 wurde die Dienstwohnung des Stadtjugendpfarrers Lothar König durchsucht und unter anderem ein Lautsprecherwagen der JG Stadmitte als Tatmittel beschlagnahmt. Aus ermittlungstaktischen Gründen, so das offizielle Statement, wurde weder das Thüringer Innenministerium noch die Polizei von der Aktion informiert.
Die Durchsuchung in Jena ist dabei nur der aktuelle Höhepunkt einer Kriminalisierungswelle gegen aktive Antifaschist_innen. Ob Stürmung des „Dresden Nazifrei“-Büros am 19.2 .durch ein Sondereinsatzkommando, dutzende Hausdurchsuchungen, auch in der von Nazis angegriffenen „Praxis“, und natürlich der aktuelle Datenskandal um eine knappe Millionen Handydaten: Im Allgemeinen nennt sich diese Herangehensweise politische Einschüchterung. Bei diesen Aktionen haben die sächsischen Behörden den Boden von Rechtsstaatlichkeit und Verhältnismäßigkeit verlassen, zumindest aber agieren sie in einer rechtlichen Grauzone.
Die JG Stadtmitte Jena ist seit fast 40 Jahren ein Ort des Erlernens und Ausprobierens des demokratischen und basisdemokratischen Umgangs miteinander, der Zivilcourage, des Widerstehens und und des Versuches, Freiräume innerhalb einer Individualität, Spontanität und Kreativität zerstörenden (Mainstream-)Gesellschaft zu schaffen. Schon vor 1989 war sie deshalb häufig Ziel staatlicher Repressionsmaßnahmen. Die jetzt vom Dresdener Amtsgericht angeordnete Aktion erinnert frappierend an das Vorgehen der DDR-“Sicherheitsorgane“ gegen kirchliche Gruppen und die DDR-Opposition.
Wir protestieren gegen die o.g. Vorgänge und fordern die Einstellung der Untersuchung gegen Lothar König, die Einstellung der Voruntersuchung gegen Katharina König und aller anderen in diesem Zusammenhang kriminalisierten Antifaschist_innen, die Rückgabe der beschlagnahmten Gegenstände, die Löschung der ungerechtfertigt erhobenen Daten und , das die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Vollversammlung der Kirche von Unten (KvU) Berlin, 16.08.2011