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Mittlerweile beschäftigt die Razzia gegen Lothar König vom 10. August 2011 bereits drei Parlamente in Deutschland. Abgeordnete aus dem sächsischen Landtag, aus dem thüringischen Landtag und aus dem deutschen Bundestag bemühen sich um eine Aufklärung des skandalösen Polizeieinsatzes.

Nachfolgend eine Zusammenfassung:

Thüringer Landtag:

Die Fraktion der Partei DIE LINKE hat den Einsatz scharf kritisiert und eine Sondersitzung des Justizausschusses beantragt. Vom Thüringer Justizministerium werde „eine weitere kritische und umfassende Untersuchung und präzise rechtliche Bewertung zu den skandalösen Vorgängen in Jena erwartet“. Der Fraktionsvorsitzende Bodo Ramelow forderte die Einsetzung eines unabhängigen Untersuchungsausschusses. Der SPD-Abgeordnete Peter Metz kritisierte die Hausdurchsuchung und warnte vor einer Ausweitung der zweifelhaften sächsischen Justiz auf Thüringen. Der Justizminister Holger Poppenhäger (SPD) sprach von einem Informationsdefizit und hat den Alleingang der Dresdner Staatsanwaltschaft kritisiert. Die Fraktion der Grünen kritisierte die Durchsuchung ebenfalls und hat den Innenminster und die Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht zur Stellungnahme aufgefordert. Außerdem soll nach Angaben der Fraktionschefin Anja Siegesmund der Einsatz auf die Tagesordnung der nächsten Innenministerkonferenz im Dezember gesetzt werden. Die FDP Fraktion forderte ebenfalls eine umfängliche Untersuchung, mindestens im Untersuchungsausschuss und bewertete es generell als problematisch, wenn Berufsgruppen von solchen Maßnahmen betroffen seien, die rechtlich der Schweigepflicht unterstehen. Christoph Matschie, Chef der Thüringer SPD bemängelte fehlende Absprachen und erwarte, dass solche zweifelhaften Methoden nicht nach Thüringen exportiert werden. In seiner Funktion als Vize-Regierungschef fordert er zusammen mit dem Thüringer Justizminister eine Stellungnahme der sächsischen Landesregierung. Die SPD-Vize-Fraktionschefin im Thüringer Landtag, Sabine Doht forderte eine zügige Aufklärung der Ereignisse.

Sächsischer Landtag

Die sächsische Linksfraktionen forderte am 12. August eine Sondersitzung des Justizausschusses im Landtag. Johannes Lichdi, rechtspolitischer Sprecher der Grünen kommentierte die Aktion der sächsischen Polizei als „so sensibel wie ‚die Axt im Walde'“. Er erwarte umfassende Erklärungen zu den Ermittlungsmaßnahmen von den zuständigen Ministern im Rechts- und Innenausschuss des sächsischen Landtags. Die Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau attestierte der Dresdner Staatsanwaltschaft einen Verfolgungseifer, bei dem sie noch nicht einmal ihren Thüringischen Kollegen vertraue. Der SPD-Landtagsabgeordnete Henning Homann meinte, es dränge sich der Eindruck auf, die Ermittlungsbehörden litten unter Verfolgungswahn. Er wird in den kommenden Tagen eine kleine Anfrage an die sächsische Landesregierung stellen, um einige Vorgänge aufzuklären. SPD-Partei-und Fraktionschef Martin Dulig sprach ebenso von einer bedenklichen Machtdemonstration der sächsischen Staatsregierung im Nachbarland. Die sächsische FDP-Fraktion lehnte eine Sondersitzung des Justizausschusses ab, während CDU-Fraktionschef Steffen Flath die Politik dazu aufforderte, sich aus der juristischen Aufarbeitung der Vorfälle vom 19. Februar 2011 in Dresdner herauszuhalten.

Deutscher Bundestag

Die Grünen-Bundestagsabgeordneten Katrin Göring-Eckardt und Monika Lazar reichten bei der Bundesregierung einen Fragenkatalog ein. „Wir wollen wissen, wann und in welcher Form das Thüringer Innenministerium und die Thüringer Polizei über die Aktion informiert wurden und wie die Zusammenarbeit zwischen den Landespolizeien zweier Bundesländer geregelt ist“, sagte die Thüringer Abgeordnete Göring-Eckardt. Sie bezeichnete das Vorgehen der sächsischen Ermittler als überaus fragwürdig. „Nach der millionenfachen Erhebung von Mobilfunkdaten per Funkzellenabfrage am 19. Februar dieses Jahres in Dresden landet die sächsische Polizei hier den nächsten Coup, der ein sehr eigenes Verständnis von Rechtsstaatlichkeit zeigt“, kritisierte Göring-Eckardt in der Leipziger Volkszeitung.

Folgende schriftlichen Fragen haben die Abgeordneten Monikar Lazar MdB und Katrin Göring-Eckardt MdB am 12.08.2011 an die Bundesregierung gerichtet:

1) In welchen Fällen ist seit 01. Januar 2009 die Landespolizei eines Bundeslandes in einem anderen Bundesland tätig geworden und auf welcher Grundlage ist dabei die Zusammenarbeit zwischen den Landespolizeien der beiden Bundesländer erfolgt?

2) Aufgrund welcher Erkenntnisse wurde die Durchsuchung der Dienstwohnung des Jugendpfarrers Lothar König in Jena durch die Sächsische Polizei am 10.08.2011 angeordnet und von wem?

3) Wie lange vor Beginn der Durchsuchung der Diensträume und der Privatwohnung des Jenaer Pfarrers Lothar König durch die sächsische Polizei am 10.8.2011 und in welcherWeise wurden das Thüringer Innenministerium und die Thüringer Polizei über die Durchsuchung informiert?

4) Steht, wie im Fall des Jenaer Jugendpfarrers Lothar König und der Durchsuchung seiner Dienstwohnung durch die Sächsische Polizei am 10.08.2011 die Durchsuchung einer Pfarrerdienstwohnung mitsamt des Amtszimmers sowie die Beschlagnahmung von Zufallsfunden nach Ansicht der Bundesregierung im Widerspruch zum besonderen Schutz bestimmter Berufsgeheimnisträger (§160a StPO und §53 StPO) und, wenn nein, warum nicht?

5) Warum wurden Pfarrer König oder seine Vorgesetzten nicht von der anstehenden Durchsuchung und die damit verbundenen Verdachtsmomente in Kenntnis gesetzt und wie wurde den Vorgaben des §106 StPO Rechnung getragen ?

6) Auf Grundlage welcher Verdachtsmomente begründet das Innenministerium den Anfangsverdacht auf Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen den Jugendpfarrer und liegen bis auf die nicht zuordenbare angebliche Lautsprecherdurchsage noch weitere Verdachtsmomente gegen den Jugendpfarrer vor?

7) Inwiefern steht die Durchsuchung der Dienstwohnung des Jenaer Jugendpfarrers Lothar König und die ihr zugrunde liegenden Verdachtsmomente im Zusammenhang mit der massenhaften Erhebung von Mobilfunkdaten mittels Funkzellenabfragung durch die sächsische Polizei am 19. Februar in Dresden und welche weiteren Ermittlungen resultieren aus dieser Mobilfunkdatenerhebung?