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Zum Gedenken an Halit Yozgat, ermordet vom NSU, 06. April 2006, Kassel.
Wir erinnern an Halit Yozgat, weil seine Mörder aus Jena kamen. Sie haben sich hier kennengelernt, sind hier zur Schule gegangen, haben hier Einrichtungen der Jugendarbeit nutzen können und sich nicht zuletzt auf eine Gesellschaft verlassen können, die ihrer rassistischen und rechten Gewalt weitgehend gleichgültig gegenüberstand.
Normalerweise würden wir heute eine Kundgebung an der Holzskulptur in der Johannisstraße abhalten. Die aktuelle Situation macht das nicht möglich. Wir nutzen deshalb diesen Weg, um die Erinnerung an Halit Yozgat wachzuhalten.

Es ist der 06. April 2006, heute vor 14 Jahren, zwei Tage nach dem Mord an Mehmet Kubaşık. Halit Yozgat gibt seiner Mutter nachmittags Geld, damit die ein Geschenk kaufen kann. Sein Vater Ismail Yozgat hat am nächsten Tag Geburtstag. Danach übernimmt er den Dienst im Internetcafé der Familie. Wenn seine Eltern zurück sind, will er noch in die Abendschule. Es wird der letzte Tag in seinem Leben sein. Zwischen 16:54 und 17:03 Uhr betreten die Neonaziterroristen des NSU das Geschäft. Sie ermorden ihn mit zwei Schüssen in den Kopf. Er stirbt in den Armen seines Vaters, der kurz darauf zurück ins Geschäft kommt. Halit Yozgat wurde 21 Jahre alt. Sein Vater beschreibt, wie die Zeit danach für die Familie war: „Fünfeinhalb Jahre haben wir uns nicht getraut hinauszugehen als Familie! Alle haben uns feindselig angeschaut, Deutsche wie Türken. Alle fragten: Warum haben sie deinen Sohn getötet – wegen Haschisch? Heroin? Wegen der Mafia?“
Die später eingesetzte Ermittlungseinheit der Polizei, suchte zunächst vor allem Verbindungen zwischen den Opfern der Mordserie. Ermittelt wurde vorrangig in Richtung Waffen- oder Drogenhandel und Spiel- oder Wettschulden. Man ging von der Möglichkeit aus, Zitat: „dass die Opfer in Verbindung mit türkischen Drogenhändlern aus den Niederlanden standen.“ Auch eine operative Fallanalyse, in der er als Motiv der angenommenen zwei Täter Türkenhass vermutet wurde lenkte die Ermittlungen nicht in die entsprechende Richtung, löste sogar Widerspruch aus. Auch der Vater von Halit Yozgats hat gegenüber der Polizei betont, dass es einen ausländerfeindlichen Hintergrund geben müsse und die eigene Familie unschuldig sei.
Bereits kurz nach der Tat stellte sich heraus, dass ein V-Mann Führer des Hessischen Verfassungsschutze im Internetcafé anwesend war. Andreas Temme. Er hat zunächst versucht, seine Anwesenheit während des Mordes zu verschleiern – Aufnahmen einer Überwachungskamera überführten ihn – und behauptet bis heute, von alledem nichts mitbekommen zu haben. Ein forensisches Gutachten kam allerdings zu dem Ergebnis, dass Temme die Schüsse gehört, das Blut auf dem Tresen und den im Sterben liegenden Halit Yozgat gesehen haben muss. Ein 2015 öffentlich gewordener Originalmitschnitt eines abgehörten Telefonats, das Temme mit einem anderen Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutze führt, belastet ihn massiv. Temme war demnach 2006 vorab über den Mord an Halit Yozgat informiert. Er hatte konkrete Kenntnisse von der geplanten Tat, der Tatzeit, dem Opfer und den Tätern erhalten und sich deshalb in dem Internetcafé aufgehalten. Die Reaktion seines Gesprächspartners fiel denkbar zynisch aus: „Ich sage ja jedem: Wenn er weiß, dass irgendwo so etwas passiert, dann bitte nicht vorbeifahren.“ Als sich die Polizei dann das hessische Innenministerium wendet, um die V-Männer Temmes direkt zu befragen, lehnte der damalige Innenminister Volker Bouffier das ab. Volker Bouffier ist heute Ministerpräsident von Hessen.
Bis heute sind die Umstände des Mordes an Halit Yozgat und die Rolle von Andreas Temme sowie dem hessischen Verfassungsschutz nicht aufgeklärt. Ein interner Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz zu den Vorgängen unterliegt einer Sperrfrist mit der von 120 Jahren.
Ismail Yozgat hat bei einer Gedenkfeier 2012 drei Wünsche vorgetragen. Erstens hofft er, dass die Mörder, ihre Hintermänner und ihre Helfershelfer gefasst und verurteilt werden. Zweitens bittet er darum, die Holländische Straße in Kassel – Ort von Geburt und Tod seines Sohnes – nach diesem Sohn zu benennen. Inzwischen ist ein Platz nach Halit Yozgat benannt. Und drittens regte er im Gedenken an die zehn Getöteten die Gründung einer Stiftung an, die krebskranken Menschen hilft.
Halit Yozgat war das letzte Opfer der Mordserie des NSU.
Ich bitte euch um einen Moment der Stille für Halit Yozgat.

Grußwort und Aufruf zum Gedenken der Ortsgruppe NSU-Komplex auflösen

Zum Gedenken an Mehmet Kubaşık, Ermordet vom NSU, 04. April 2006, Dortmund.
Wir erinnern an Mehmet Kubaşık, weil seine Mörder aus Jena kamen. Sie haben sich hier kennengelernt, sind hier zur Schule gegangen, haben hier Einrichtungen der Jugendarbeit nutzen können und sich nicht zuletzt auf eine Gesellschaft verlassen können, die ihrer rassistischen und rechten Gewalt weitgehend gleichgültig gegenüberstand.
Normalerweise würden wir heute eine Kundgebung an der Holzskulptur in der Johannisstraße abhalten. Die aktuelle Situation macht das nicht möglich. Wir nutzen deshalb soziale Medien, um die Erinnerung an Mehmet Kubaşık wachzuhalten.

Es ist der 04. April 2006, heute vor 14 Jahren. Mehmet Kubaşık weckt seine Tochter Gamze. Danach geht er in seinen Kiosk in der Dortmunder Mallinckrodtstraße und Frühstückt dort mit seiner Frau Elif. Es wird der letzte Tag in seinem Leben sein. Vermutlich gegen 12:55 Uhr betreten die Neonaziterroristen des NSU das Geschäft und ermorden ihn sofort mit zwei Schüssen in den Kopf. Zwei weitere Kugeln verfehlen ihr Ziel. Später findet eine Kundin den Leichnam von Mehmet Kubaşık hinter dem Tresen.
Gamze Kubaşık, die Tochter von Mehmet Kubaşık hat im Verfahren vor dem Oberlandesgericht in München und in Interviews Auskunft darüber gegeben, wie sich der Mord an ihrem Vater und seine Folgen auf die Familie ausgewirkt haben. Wie sie selbst immer wieder von Angstzuständen hatte und sich nicht mehr aus dem Haus traute. Wie sich der jüngere Bruder auf dem Schulhof prügelte weil andere die Familie Kubaşık als keine „gute Familie“ bezeichnet haben. Wie „Männer in weißen Anzügen im Schlafzimmer der Eltern waren und Hunde an den Sachen herumschnüffelten“. Das Getuschel und Gerede in der Umgebung. Wie immer wieder der Verdacht auf Drogenhandel oder zur PKK konstruiert wurde. Wie Konten und Telefon überprüft wurden. Wie die ganze Familie Speichelproben abgeben musste. Wie ihr Aussagen, die sie im Schock am Tatort getätigt hatte später als „verdächtiges Wissen“ vorgehalten wurden. Wie dem Vater Verhältnisse mit anderen Frauen oder Beziehungen zur Mafia unterstellt wurden. Wie auf der Straße mit Fingern auf sie gezeigt wurde. Wie Verwünschungen gegen die Kubaşık-Kinder ausgestoßen wurden. Wie die angstvolle Ungewissheit darüber, wer hinter dem heimtückischen Anschlag stecken könnte, der ganzen Familie den Boden unter den Füßen weg gezogen hat.
Aber es gab Hinweise auf den rassistischen Hintergrund der Tat. Eine Passantin z. B., die der Polizei zwei Personen am Tatort beschreibt, die sie eingeschüchtert haben und die sie als „Junkies oder Nazis“ identifiziert hat. Ebenso hat die Familie Kubaşık auf einen möglicherweise rechten Hintergrund der Tat hingewiesen. All das hat die Ermittler aber nicht interessiert. Stattdessen schloss der leitende Staatsanwalt damals, Zitat: „dass es sich um einen Schlusspunkt unter einer Auseinandersetzung zwischen Gewerbetreibenden handelt.“ Dass Mehmet Kubaşık ermordet wurde, weil er selbst in kriminelle Machenschaften verwickelt gewesen war, war für die Ermittler der einzig mögliche Schluss.
Dortmund war und ist ein Zentrum der rechten Szene. In einem Netzwerk aus Kameradschaften, Rechtsrockbands und rechten Hooligans gab es dort auch eine Combat-18 Zelle, deren ideologischer Unterbau dem des NSU entspricht. Das Kerntrio des NSU hatte in seinem Versteck auffällig viele Ausspähnotizen zu Dortmund. Darauf befanden sich Adressen türkischer Imbisse oder Kioske, zu denen Ortsfremde nicht leicht Zugang gehabt hätten. Auch bei diesem Mord in Dortmund haben die Neonaziterroristen des NSU den Tatort und ihr Opfer gezielt ausgekundschaftet. Sie haben den Zeitraum abgepasst, in dem Mehmet Kubaşık im Laden war und nicht seine Frau Elif.
Für die Hinterbliebenen von Mehmet Kubaşık ist das Aufklärungsversprechen, dass ihnen die Bundeskanzlerin 2012 gegeben hat bis heute nicht erfüllt. Elif Kubaşık hat vor dem Münchener Oberlandesgericht ihrem Zorn darüber Ausdruck verliehe. Warum genau mein Mann? Warum Dortmund? Gab es Helfer? Leute, die ich heute noch sehe? „Frau Merkel hat ihr Versprechen nicht gehalten“.
Wir erneuern deswegen ein weiteres mal unsere Forderung nach der Aufklärung des NSU-Komplexes. Verantwortliche aus der rechten Szene, dem Verfassungsschutz und Ermittlungsbehörden müssen zur Verantwortung gezogen werden. Wir rufen auf zur Solidarität mit den Hinterblieben und Betroffenen des NSU-Terrors.
Elif Kubaşıks hat am Ende ihrer Rede im NSU-Prozess noch etwas anderes gesagt: Diejenigen, die die Verbrechen begangen hätten, sollten nicht denken – nachdem sie neun Menschen ermordet haben – „dass wir dieses Land verlassen werden“. „Ich lebe in diesem Land und das ist mein Land, ich habe in diesem Land zwei Kinder zur Welt gebracht, mein Enkel ist hier geboren. Wir sind ein Teil dieses Landes und werden hier weiterleben.“
Ich bitte euch um einen Moment der Stille für Mehmet Kubaşık.

Social Distancing ist derzeit das große Ding. Alle bleiben, soweit es geht zu Hause, vieles verlagert sich ins Internet. Für die meisten von uns ist das kein Problem. Für diejenigen aber, die aus verschiedensten Gründen zu Hause kein Internet haben, wird Social Distancing dann ganz schnell zur Isolation.

Spaceinvaders against isolation
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Auch uns geht es in der aktuellen Situation darum, dazu beizutragen, die Infektionswege möglichst zu unterbrechen und die Infektionsrate zu senken  – Stichwort #flattenthecurve.
Nichtsdestotrotz stellt uns die Situation vor Herausforderungen. Wir haben alle anstehenden Veranstaltungen abgesagt, können euch auch derzeit keine Ausweichtermine nennen und haben für den Besucherverkehr erstmal bis zum 19.04. geschlossen.Wir sind für euch aber auf jedenfall telefonisch (03641-444367) und auch per Mail (info@jg-stadtmitte.de) erreichbar. Mehr noch als sonst ist es wichtig, dass ihr auf euch und andere aufpasst. Wenn es möglich ist, bleibt am besten zu Hause. Bleibt aber auch mit euren Freunden und allen die euch wichtig sind in Kontakt, redet über das, was euch Sorgen und Ängste bereitet, aber lacht auch mal gemeinsam. 
Wir werden versuchen, mit euch immer mal wieder in Kontakt zu treten, Abstand halten soll keine Isolation bedeuten. 
Bis ganz bald auf den unterschiedlichsten Kanälen – eure JG


+++Absage Kickerturnier+++


12. März. 2020

Aus aktuellem Anlass haben wir uns dazu entschlossen, das Kickerturnier diesen Samstag, 14.03.2020 abzusagen.
Bitte habt Verständnis.

Es wird wieder legendär – JG-Kickerturnier strikes back!

Anmeldungen sind ab sofort in der JG möglich, Liste hängt aus!

Treffen ist ab 11.00 Uhr – Beginn pünktlich um 12.00 Uhr!

Nur noch mal zum Hinweis: Eure Anmeldungen am besten persönlich bei einem kleinen oder größeren Abstecher in die JG vornehmen; ihr kriegt auch bestimmt einen Kaffee oä. Notfalls ist eine Anmeldung auch per E-Mail möglich. Bis spätestens Sonnabend!