JG Logo

Dokumentiert: „November 2016 – Eine Erklärung“
Wir dokumentieren an dieser stelle eine Erklärung Jenaer Bürger_innen, die darin Bezug nehmen zum für den 9. November geplanten Thügida-Aufmarsch und dem fragwürdigen Agieren der Jenaer Stadtverwaltung. Im Wortlaut:

November 2016 – Eine Erklärung

Fu?r den 9. November, den Jahrestag der Reichspogromnacht, hat „Thügida“ erneut eine Demonstration in Jena angekündigt. „Thügida“ hat bereits am Jahrestag des Hitler-Geburtstages und am Jahrestag des Todes von Rudolf Hess demonstriert. Auch am 9. November ist ein Fackelmarsch erlaubt – wohl mehr als eine nur zufällige Parallele zu den NS-Fackelmärschen.

Eine von der Stadt Jena erlassene Allgemeinverfügung regelt „den Gegenverkehr“ – also die Proteste der Zivilgesellschaft gegen diesen erneuten Naziaufmarsch. Während die gleiche Stadtverwaltung in den neunziger Jahren wiederholt Demonstrationsanmeldungen von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt, Ralf Wohlleben und anderen rechtsextremen Kadern abgewiesen hat, tut sie 2016 nichts dergleichen, beschränkt und kriminalisiert stattdessen die Gegenproteste. Zum Beispiel: „Das Mitführen von Wasserbombenpumpen, Wasserbällen, aufblasbaren Planschbecken und Eiswürfeln wird untersagt. Es ist untersagt, Luftballons, Kondome, OP-Handschuhe und ähnliche dehnbare Gegenstände, mit Wasser oder anderen Flüssigkeiten zu befüllen oder befüllt mit sich zu führen.“ Mit massiven Einschränkungen der Demonstrationsfreiheit, ergänzt um kleinliche und absurde Bestimmungen, soll die Zivilgesellschaft an deutlichen und kreativen Protesten gegen die Naziaufmärsche be- oder gar gehindert werden. Geregelt wird auch das Fahr- und Lautsprecherverhalten von Autos, die zur Durchführung von Gegenprotesten benötigt werden: „Beschallungsmittel, insbesondere Lautsprecher und Megaphone, dürfen nicht auf die Kopfhöhe von Versammlungsteilnehmern und Polizeibeamten ausgerichtet werden … Es ist untersagt, Personen auf dem Dach von Fahrzeugen zu transportieren … Es darf maximal mit Schrittgeschwindigkeit gefahren werden…“

Warum das Ganze? „Ausgehend von diesen rechtlichen Maßgaben besteht die begründete Prognose, dass ohne den Erlass der Allgemeinverfügung die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet wären.“ Und: „Am 20. Juli 2016 versuchten Gegendemonstranten bei einer Veranstaltung der ThüGIDA diese mittels Trillerpfeifen zu verhindern.“ Oder: „Bei einer weiteren Veranstaltung der ThüGIDA am 17. August 2016 kam es zu spontanen Menschenansammlungen im Bereich des Saalbahnhofs und der Theo-Neubauer-Straße. Diese hatten zur Folge, dass die Teilnehmer der ThüGIDA-Veranstaltungen nur mit erheblicher Verspätung zum Versammlungsort gelangen konnten.“ Weiter die Befürchtung: „Kommt es aufgrund einer unzureichenden räumlichen Trennung zum befürchteten Zusammentreffen der verfeindeten Lager, muss mit Verletzungen schwersten Ausmaßes gerechnet werden.“ Zum Alkoholverbot heißt es in der Allgemeinverfügung: „Das Alkoholverbot soll einer Enthemmung und einer unkontrollierten Verhaltensweise der Versammlungsteilnehmer entgegen wirken.“

Im Ergebnis steht: „ThüGIDA“ meldet für den Jahrestag der Judenpogrome eine eindeutig rechtsextreme Demonstration an, diese wird dem Grunde nach genehmigt. Die von der Zivilgesellschaft erwarteten Gegenproteste werden in einer Art und Weise be- und eingegrenzt, die uns erschrecken lässt. Proteste in Hör- und Sichtweite sind zwar rechtmäßig, aber offenbar in Jena nicht mehr gewünscht, sie werden nicht zugelassen. Die Zivilgesellschaft wird mit der Allgemeinverfügung für verdächtig und auch gleich für schuldig erklärt – „enthemmt“ und „unkontrolliert“.

Fünf Jahre ist es her, dass wir uns gerade in Jena öffentlich die Bekämpfung jedweden Rechtsextremismus versprochen hatten – in der Stadt, in der Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt politisch sozialisiert wurden, in der sie sich immer wieder dem Zugriff der Polizei und der Justiz hatten entziehen können.
Nun können ihre politischen Nachfahren in Jena demonstrieren. Und die Stadt sorgt dafür, dass diese Demonstration(-en) in Ruhe und Ordnung, vor allem: ungestört von Gegenprotesten verlaufen können. Hat die Zivilgesellschaft am 17. August Möglichkeiten gefunden, trotz aller Behinderungen phantasievoll Protest zu zeigen, wird eben in der nächsten Allgemeinverfügung nachgelegt, um genau das auszuschließen.

Das Agieren der Stadt Jena ist unerträglich, unbegreiflich, unverantwortlich. In jahrelanger gemeinsamer Arbeit ist es gelungen, dass sich Tausende empören, wenn die politischen Nachfahren der NSDAP und des NSU in unserer Stadt auftreten. Dieses demokratische Aufbegehren wird nun Schritt um Schritt verunmöglicht. In Sonntagsreden feiern Repräsentanten der Stadt das zivilgesellschaftliche Handeln gegen die neuen Nazis. Der OB ist gar für sein Engagement gegen Rechtsextremismus ausgezeichnet worden. Doch nun werden jene, die das ermöglicht haben, eingegittert und kriminalisiert.

Wir fordern die Verwaltung der Stadt Jena auf, ihre Politik zu ändern und zum konsequenten Engagement gegen alte und neue Nazis zurückzukehren. Wir wollen und wir brauchen keine Nazis in unserer Stadt. Wir treten dagegen auf, wann immer und wo immer es nötig ist. Dabei wollen wir Stadtpolitik und Stadtverwaltung an unserer Seite haben – und nicht gegen uns. Wir sind solidarisch und werden solidarisch mit all denen sein, deren antifaschistisches Engagement kriminalisiert und verfolgt wird. Wir sind unbedingt solidarisch mit Katharina und Lothar König, die gerade wieder öffentliche Morddrohungen erhalten haben. Wir ersparen uns an dieser Stelle die Zeilen des „Liedes“ der Rechtsrock-Band „Erschießungskommando“ – empfehlen aber sehr, die unverhohlenen Drohungen und Bezüge zum NSU zur Kenntnis zu nehmen und sie nicht zu verharmlosen.

Fünf Jahre erst ist es her, dass die Mordserie des sogenannten „NSU“ öffentlich bekannt wurde. Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe haben sich in Jena politisch orientiert und sozialisiert. Gegen Antisemitismus, Neonazismus und Rassismus entschieden aufzutreten und Menschen zu schützen und zu unterstützen, die sich dagegen aussprechen und engagieren, das ist die Aufgabe einer demokratischen Stadtgesellschaft, nicht aber der Schutz immer neuer Nazidemos durch unsere Straßen.

Jena, im November 2016

Erstunterzeichner_innen:
• Dr. Renate Adam, FSU Jena
• Prof. Dr. Wolfgang Behlert, EAH Jena
• Prof. Dr. Klaus Dörre, FSU Jena
• Michael Ebenau, IG Metall
• Dr. Georg Elsner, Vorsitzender GKR, Jena
• Konrad Erben, JuSos Thüringen, Jena
• Mario Förster, Mitglied im Beraterkreis des Runden Tisches für Demokratie, Jena
• Prof. Dr. Wolfgang Frindte, FSU Jena
• Vorstand des DJR Jena: Kristina Banz, Martin Horatschek, Simon Wagner, Alexander Krampe, Olaf Seide
• Dr. Gisela Horn, Arbeitskreis „Sprechende Vergangenheit“ im Jenaer Aktionsnetzwerk gegen Rechts
• Sebastian Neuß, Sprecher der Runden Tisches für Demokratie, Jena
• Christian Patho, DGB Jena
• Peter Scharffenberg, Mitglied im Beraterkreis des Runden Tisches für Demokratie, Jena
• Prof. Dr. Manuel Vogel, FSU Jena
• Harald Zeil, Mitglied im Beraterkreis des Runden Tisches für Demokratie, Jena


Heute vor 5 Jahren enttarnte der NSU sich selbst. Nachdem das Wohnmobil in Eisenach brannte war innerhalb von Tagen klar, dass es sich um eine faschistische Mordserie handelt. Noch immer liegt der Fokus auf den Tätern. Selten können die Namen der Opfer der Mordserie ausgesprochen oder richtig geschrieben werden.
Deswegen hier die Namen. Gesprochen und Geschrieben.

Enver Şimşek
Abdurrahim Özüdoğru
Süleyman Taşköprü
Habil Kılıç
Mehmet Turgut
İsmail Yaşar
Theodoros Boulgarides
Mehmet Kubaşık
Halit Yozgat
Michèle Kiesewetter

Kein Vergeben – Kein Vergessen!

 

Von nichts gewusst…


17. Okt.. 2016

img_8657

Am 04. November jährt sich zum fünften mal die Selbstenttarnung des NSU. Ein Wohnmobil in Eisennach brannte aus. In diesem Moment ahnte wohl niemand die Tragweite der Verbrechen und des Komplexes, welcher bis heute noch Angehörige und Betroffene aber auch Gerichte, Untersuchungsausschüsse und Zivilgesellschaft beschäftigt.

Wir wollen nun den Blick wagen und mit den Betroffenen ins Gespräch kommen. Genauer: mit den Betroffenen des Nagelbombenanschlags in Köln. Betroffene des Anschlages wiesen bereits 2004 darauf hin, dass die Täter Nazis gewesen sein könnten. Die Ermittlungsbehörden ignorierten diese Hinweise. Dafür haben wir Mitat Özdemir (Ehrenvorsitzender IG Keupstraße) und Peter (Vertreter der Initiative „Keupstraße ist überall!“) eingeladen um über ihre Erfahrungen vor und nach der Selbstenttarnung des NSU zu sprechen und um gemeinsam ins Gespräch zu kommen.

weiterlesen…

Rede zur Stadtratssitzung in Jena am 24.08.2016

Aktuelle Stunde „Zur Thügida-Demo am 17.08. in Jena“

Lothar König, Bürger für Jena

 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen.

Eine “Aktuelle Stunde” hat den Sinn, daß (ich zitiere) „im Stadtrat eine Aussprache über ein bestimmtes bezeichnetes Thema von allgemeinem kommunalem aktuellem Interesse stattfindet.“ Anlaß in der heutigen “Aktuellen Stunde” ist der Nazi-Aufmarsch vom letzten Mittwoch, das Thema ist das Verhalten der Versammlungsbehörde incl. das der Polizei.

Ich denke, wir entsprechen dem Anliegen einer Aktuellen Stunde in höchstem Maß.

Daß es nach dem Geschehen am vorigen Mittwoch solch eine Aktuelle Stunde geben würde stand allerdings schon fest, während der Nazi-Aufzug noch lief und die Gegenproteste stattfanden:

Zu martialisch das Agieren einzelner Polizei-Beamter (es stellt offensichtlich mittlerweile den Normalfall dar, wenn Polizisten Pfefferspray gegen Bürger von Jena einsetzen und Beamte mit ihren Schlagstöcken auf diese einprügeln). Von den Wasserwerfern, die jeweils gut sichtbar drohend im Hintergrund aufgefahren werden, ganz zu schweigen.

Zu unverständlich (um es gelinde zu sagen) das Auftreten der Versammlungsbehörde – das hat mit Bürgernähe und mündigem Bürger nicht mehr viel zu tun, das passt vielmehr in eine Zeit, die wir längst glaubten, hinter uns gelassen zu haben.

Seit gut einem Jahr schon, genau seit dem Naziaufmarsch im Juni 2015, befremdet das Auftreten der Versammlungsbehörde in steigendem Maß engagierte Bürger und Bürgerinnen. Das Agieren der Versammlungsbehörde erscheint mit einer demokratischen Gesellschaft, in der  Zivilgesellschaft und bürgerschaftliches Engagement Grundpfeiler derselben darstellen, nach meinem Verständnis nicht mehr in Einklang zu stehen. Solch demokratische Gesellschaft kann nicht befohlen werden. Deren Gefährdung kann nicht durch Verbote gesichert werden. Es ist die Zivilgesellschaft, deren bürgerschaftliches Engagement solch Demokratie lebendig erhält. Und für sie streitet.

weiterlesen…

Es geht wieder los…


31. Aug.. 2016

GAMEBOYLOSGEHTS2

So, unsere Sommerpause neigt sich dem Ende – also, eigentlich ist sie schon vorbei, aber wir räumen mal noch etwas auf. Und versuchen der ganzen Arbeit gerecht zu werden, die halt über so einen Sommer liegen bleibt. Eine Sommerpause, die für manche keine war, weil der Thügida-Aufmarsch in Jena stattfand und ja, irgendwie können auch wir dann nicht loslassen und Jena auch mal Jena sein lassen.

Und nun sind wir eigentlich schon voll dabei, haben beim entmüllen schon wieder alles zugemüllt und planen und versuchen einen Start zu finden. Einen Start in ein neues JG-Jahr, für uns und ab nächste Woche Dienstag dann auch gemeinsam mit euch. Und ein paar Sachen stehen auch schon fest. Das Herbstfest am Freitag, dem 23. September und die Konzerte mit Austin Lucas am 04.11. und mit Burning Lady am 17.11. zum Beispiel – doch noch viel mehr kann gemacht werden, ist Offen, wartet…auf Euch. Wenn ihr denn wollt.

Wir wollen auf jedenfall!

Und so wird die Fußballgruppe am Montag die Spiele eröffnen und wir sehen uns dann alle am Dienstag zur Inforunde ab 19.45 Uhr.

Und jetzt versuchen wir etwas Licht ins Dunkel zu bringen, oder eher Platz in die neuen Regale – für all das Neue was kommen mag, was ihr mitbringt.

Bis Bald,

Eure JG.