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Wir haben heute in der Johannisstraße den Pogromen am Abend und der Nacht vom 09.11. auf den 10.11.1938 gedacht.

Wir haben vor allem Gedichte und Lieder sprechen lassen. Im Folgenden dokumentieren wir unseren Redebeitrag.

Der Fuß der Holzskulptur auf der Johannisstraße ist zu sehen. Sie ist mit schwarzen Tüchern abgedeckt. Mehrere Teelichter sind um sie verteilt. Vor der Skulptur steht eine schwarz verhangene Vase mit weißen Rosen und ein brennendes Öllicht.

Wir wollen heute gemeinsam an die Ereignisse am Abend des 9. Novembers 1938 erinnern. An diesem Tag brannten in Deutschland Synagogen, wurden jüdische Geschäfte verwüstet, es starben mindestens 91 Menschen.

Mischael Rosenberg, Lehrer aus Würzburg beschreibt die Ereignisse in seinem Tagebuch folgendermaßen:

„Um ½ 4 [Uhr] wurden wir geweckt – durch die Schläge, die die Haustür aufbrachen. Es war wie ein unangenehmer Traum, den ich zuerst abschütteln und nicht zur Wirklichkeit werden lassen wollte, der aber doch dann allzu grausame Wirklichkeit wurde.

Diese dumpfen, hohlen, das ganze Haus erschütternden, krachenden Schläge und diese wilden, drohenden, fürchterlich schreienden Stimmen werde ich nie im Leben vergessen, so wenig wie die darauf folgenden acht Tage. Dann krachte es, die Tür war auf – sie kamen. So um mein Leben habe ich noch nie gezittert, es waren fürchterliche Laute, dieses trapp-trapp, wie sie die Treppen heraufkamen und wie sie zu uns ins Zimmer traten. Ich hatte schon vom Leben Abschied genommen. Man jagte uns zunächst aus den Betten und dann begann das grässlichste Werk einer bestialischen, unmenschlichen Zerstörungswut, ein Vandalismus ohnegleichen. Es blieb nicht ein Stückchen ganz im ganzen Zimmer, die Schränke, die Betten, die Waschschüssel, Spiegel, Stühle, Federkissen, Gläser, Türen – all dies bildete ein unbeschreibliches, grauenerregendes Tohuwabohu von Splittern, Scherben, zerbrochenen Stühlen, zertrümmerten Bettstellen, eingehauenen Türen, Kleidern und was sonst noch alles in einem Schlafsaal vorhanden ist. Es war fürchterlich, doch ein Dankgebet stieg zu Gott auf, als wir sahen, dass man uns nichts zu Leide tat, wenn auch Rufe „Diesmal die Möbel – nächstes Mal ihr“ uns das Blut er-starren ließen. Nach einer 3/4 Stunde war so ziemlich alles vorbei – so dachten wir wenigstens.“

18 jüdische Männer wurden an diesem Tag aus Jena in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert.

Es folgten Jahre der systematischen Verfolgung, Deportation und Ermordung der jüdischen Bevölkerung.

Wir wollen gemeinsam an die Ereignisse dieses Tages erinnern, und dabei nicht vergessen, dass Antisemitismus kein abgeschlossenes Kapitel in der Geschichte Deutschlands ist. Genauso wenig, wie nach 1945 plötzlich alle Nazis verschwunden waren, ist der Antisemitismus verschwunden. Deshalb ist es auch unsere Aufgabe, uns der aktuellen Entwicklung entgegenzustellen.

Ich zitiere Auszüge einer Rede von Paul Spiegel, dem ehemaligen Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland: „Die Erinnerungen an die Geschehnisse von damals werden spontan gegenwärtig, wenn wir die Bilder der letzten Wochen und Monate sehen: Wenn Synagogen angegriffen und geschändet werden … Wir sehen voll Zorn und Verbitterung die Bilder, wenn Menschen durch die Straßen gejagt werden, wenn sie öffentlich geschlagen, immer öfter auch getötet werden.“ Er fährt fort: „Können Sie sich vorstellen, was in uns vorgeht, wenn wir erleben müssen, wie schon wieder deutsche Menschen unsere Synagogen anzünden, unsere Friedhöfe schänden, uns Mord- und Bombendrohungen ins Haus schicken? Können Sie erahnen, was in uns vorgeht, wenn wir sehen, wie ein [Schwarzer Mensch] … durch deutsche Straßen gehetzt und ermordet wird?“

So aktuell diese Worte für uns klingen mögen – sie sind über 20 Jahre alt.

Es ist erschreckend, wie relevant dieser Redebeitrag aus dem Jahr 2000 immer noch ist. Wie wenig sich seitdem geändert hat. Doch Erschütterung kann nicht unsere Antwort darauf sein. Dabei dürfen wir nicht stehen bleiben. Und so appelliert Paul Spiegel mit immer noch gültigen Worten: „“Wehret den Anfängen“ heißt es oft, wenn es um den Kampf gegen Rechtsextremismus geht. Doch wir sind längst über dieses Stadium hinaus. Was wir fast täglich erleben, hat nichts mehr mit „Anfängen“ zu tun. Wir befinden uns bereits mittendrin im Kampf gegen Rechts.“

Wenn wir im Thüringenmonitor von 2020 lesen, dass zwischen 20 und 40% der Thüringer Befragten antisemitischen Aussagen zustimmen, so kann nicht Fassungslosigkeit darauf unsere Antwort sein.

Wenn seit Jahren die Anzahl der antisemitischen Übergriffe in Deutschland steigen, so kann nicht Ohnmacht unsere Antwort sein.

Wenn wir sehen, wie die Tradition des Antisemitismus immer noch in Deutschland floriert, dürfen wir nicht schweigen. Antisemitismus ist nicht nur ein Problem von rechts. Er geht quer durch alle gesellschaftlichen Milieus und politischen Orientierungen. Wir müssen überall achtsam sein. Antisemit:innen und antisemitischen Äußerungen darf kein Platz gelassen werden – nicht auf der Straße, nicht in der Kneipe, nicht auf dem Sportplatz, nicht in der Familie – nirgendwo.

Er wird heute zum Teil anders formuliert als vor 80 Jahren, doch er ist immer noch da. Und nicht zuletzt durch neue Verschwörungsideologien hat Antisemitismus gerade wieder Konjunktur in Deutschland. Das ist unerträglich.

Darum stehen wir heute hier, um Solidarität mit den Betroffenen zu zeigen. Um gemeinsam der Erschütterung, Fassungslosigkeit und Ohnmacht ein entschiedenes „Nie Wieder!“ ganz klar entgegenzuwerfen.

Wir dulden keinen Antisemitismus. Nicht heute, nicht morgen – NIE wieder!

So langsam kündigt sich der Winter an, es wird kälter, die Coronazahlen nehmen zu…

Es ist ein bunter Herbstwald zu sehen. In der Mitte ist ein von Laub bedeckter Weg. In einiger Entfernung sind zwei Menschen von hinten zu sehen.

Davon lassen wir uns aber nicht unterkriegen!

Wir haben einiges vor.

Da wir voraussichtlich ab morgen in Warnstufe 3 aufgrund der pandemischen Lage sein werden, gilt ganz grundsätzlich:

Meldet euch bitte rechtzeitig, wenn ihr zu einer der Gruppen kommen werdet.

Kommt bitte geimpft, getestet oder genesen. Wir haben auch ein paar Schnelltests vor Ort.

Wie letzte Woche treffen wir uns wieder am Freitag um 15 Uhr, um Briefe an Gefangene zu schreiben.

Und da diesen Freitag ja wieder der erste Freitag im Monat ist heißt es ab 18 Uhr: Punk-Abend!

Am Samstag wollen wir am frühen Morgen gemeinsam zum 30. antifaschistischen und antirassistischen Ratschlag nach Erfurt fahren. Gebt uns bitte bis Donnerstag Bescheid, wenn ihr mitkommen wollt.

Da sich die sogenannte Pogromnacht zum 83. mal jährt, werden wir uns am Dienstag um 16 Uhr in der Johannisstraße zum Gedenken versammeln.

Am Dienstagabend ist dann wie immer Inforunde.

Unseren regelmäßigen Film-Freitag ziehen wir diesen Monat auf Mittwoch, den 10.11. vor. Ohne zu viel zu verraten – thematisch werden wir uns an der Nähe zum 09.11. orientieren.

Und am Donnerstag, dem 11.11. freuen wir uns, den letzten Vortrag aus der gemeinsamen Reihe mit Solidarität statt Querdenken nachzuholen. Daniel Kulla wird uns in Entschwörungstheorien einleiten.

Jeder erste Freitag im Monat gehört dem Punk… Also genau wie jeder andere Tag auch, nur noch besser:)

Aufgrund der hohen Inzidenzen werden wir unser Hygienekonzept strikt durchziehen (müssen). Dazu gehört als Neuerung, dass alle Teilnehmenden am Einlass getestet werden; die Tests stellen wir zur Verfügung. QR-Codes für die Warn-App finden sich ohnehin im ganzen Hinterhaus.
Die Personenanzahl ist auf 30 begrenzt und wir bitten um Voranmeldung per Mail, telefonisch oder auf einer im Café aushängenden Liste.

info@jg-stadtmitte.de
03641 444367

Trotz der Umstände: Wir haben Bock – und ihr hoffentlich auch 🙂

Wir sind dann mal weg…


24. Okt.. 2021

für die nächsten vier Tage.

Langsam werden die Tage kürzer, die Abende länger und die Nächte kälter. Und doch erstahlen die Tage noch in warmem Sonnenschein. Wir nutzen die Zeit, um einfach mal rauszufahren. Raus aus dem Alltag, raus aus dem Trott, ein bisschen rein ins Abenteuer – auf nach Brandenburg!

Auf dem Bild ist die Caféfläche der JG zu sehen. Zwei Tische sind zu sehen, diese sind mit Planen regenfest abgedeckt. Auf dem Boden liegt buntes Laub.

Deshalb bleiben unsere Tische bis Donnerstag zugedeckt.

Bis Freitag!

Heute Abend ist es endlich soweit: Wir laden Euch zum ersten FLINTA*-Tresen in der JG ein.

Das Bild zeigt handgeschriebenem Text: FLINTA-Tresen in glitzerndem Lila und Rosa, darunter steht JG Stadmitte, 22.10.21 ab 18 Uhr

Das bedeutet: Ein Abend ohne cis Männer.

Wenn ihr euch jetzt fragt, was das heißt: Ein cis Mann ist, wer sich (1) als Mann identifiziert und (2) bei Geburt das männliche Geschlecht zugewiesen bekommen hat.

Wenn das auf euch zutrifft, müsst ihr heute leider draußen bleiben.

Für alle FLINTA* Personen ist dafür heute Raum für Austausch, Begegnung und Gespräch.

Ab 18 Uhr haben wir auf, gegen 19 Uhr beginnt ein inhaltlicher Input und Musik gibt es natürlich auch.

Kommt bitte geimpft, getestet bzw. genesen. Ein paar Schnelltests haben wir auch hier.

Bis nachher! Wir freuen uns auf euch!

Am Freitag, 15. Oktober findet vor der JG auf der Johannisstr. die Kundgebung „Freiräume schaffen“ statt.

Um 17:00 Uhr gehts los – auf dem Programm stehen Theater, Redebeiträge und Musik. Und Punkrock. Und Chaos mit Anteilen von Struktur.

Zieht Euch was Warmes an. Wir freuen uns auf Euch!